Freitag, 19. August 2022

Dschungelleben - oder - die Wasseruhr im Gummistiefel

 Die Tage hier entwickeln sich zu einer Mischung aus einem Vorbereitungscamp zur Indiana Jones Nachfolge und Überlebenskurs. 

Viele der Tiere brauchen regelmäßig neue Blätter oder Äste, entweder als innenarchitektonische Maßnahme oder als kulinarische Maßnahme. Und da diese Station hier mittlerweile einige Jahre existiert, sind die leckersten Blätter in der Umgebung der Käfige bereits in Tiermägen gewandert und so begibt man sich mittlerweile jedes Mal mit einer Machete bewaffnet auf ein kleines Abenteuer während der Runden. Es ist beeindruckend, wie dicht der Regenwald hier ist und wenn ich daran denke, dass Bagira Mogli im Junglebuch vermeintlich wieder gefunden haben will, so ist das noch unwahrscheinlicher als der Teil mit den tanzenden Affen. Durch die Gegend hier führen ein paar Pfade, über die man zu den Gehegen kommt und bereits einen Meter abseits der Wege sieht man teilweise nichts mehr von dem ehemaligen Weg.



Ab und zu begegnet man auch hier wilden Tieren und direkt am ersten Tag ist mir eine Schlange über den Weg gelaufen, die vermutlich sogar sehr, sehr giftig war. Auch Kolobris, Eidechsen, wilde Tamarins und ein Ameisenbäre sind hin und wieder zu Besuch.


Es ist sehr einfach vorstellbar, dass man hier schnell verloren gehen kann und es ist vor einigen Jahren sogar vorgekommen, dass eine Gruppe auf den Weg zu einem weiter entfernten Gehege unterwegs die Orientierung verloren hat. Die Rettung ist dann ein großer Fluss, der hier entlang führt, sodass man sich anhand der Sonne Richtung Westen orienten kann bis man auf den Fluss trifft, dem man dann ein paar Kilometer bis zum nächsten Dorf folgen kann. 

Überhaupt legt man hier täglich einige Kilometer zurück und das auf winzigen, zugewachsenen und steinigen Pfaden. Dabei ist die Tatsache, dass man permanent Gummistiefel trägt in etwa so hilfreich wie Steak-Gewürz oder ein Käsemesser in dieser Küche und meist baumeln an beiden Armen noch ein paar Kilos Tierkot oder frisch geschnitter und gepellter zukünftiger Tierkot.


Um den Schwierigkeitsgrad noch ein wenig zusätzlich zu steigern trägt das Wetter hier seinen Teil dazu bei, dass der Urwald nicht Opfer von Überbevölkerung werden wird. Auch wenn der Name Regenwald ein gewisses Maß an Niederschlag bereits nahelegt, ist das Erlebnis eines tropischen Regens dann doch immer wieder erstaunlich eindrücklich.

Wenn es dann Mal regnet hat man ziemlich wenige Chancen trocken zu bleiben, zumal einige der Käfige mit Baumstämmen und Pflanzen mehr vollgestellt sind als eine IKEA Modellwohnung. Man krabbelt also viel auf dem Boden herum und das Wasser findet immer seinen Weg. 


Ab und an gibt es dann ein paar Spezialaufträge, zum Beispiel wenn Käfige umgebaut oder erneuert werden. Für einen der Affenkäfige werden neue Baumstämme gebraucht und die müssen dann in Ermangelung mechanisierter Transportmittel getragen werden. Bei so ca. 100 - 150kg pro Baumstamm ist das gar nicht so einfach auf diesen Waldläufer-Pfaden mit den Gummistiefeln.




Mein Favorit bisher war der Stein- und Sandtransport, wobei Steine und Sand aus einem Fluss entnommen werden und entsprechend eine ausgeprägte Grundfeuchtigkeit mitbringen. In Säcke gefüllt und über der Schulter getragen haben sie die wunderbare Eigenschaft, einen stetigen Rinnsal an Wasser zunächst den Rücken, dann Beine bis in die Stiefel aus den Säcken fließen zu lassen. Das kühlt einerseits den Tragenden, andererseits kann man am Wasserstand in den Stiefeln ertasten, wie lange es ungefähr noch bis zur Pause ist.

Zudem durfte ich die Woche noch zwei Bewohner hier kennen lernen. Einmal die Puma-Dame Pangui, die als Attraktion illegal in einem Hostel gehalten worden war und dann schon vor vielen von der Polizei an Merazoinia übergeben wurde. Ihr Käfig wirkt etwas dunkel und verlassen, was auch daran liegt dass man nur mit großem Aufwand den Puma in einem anderen Käfig zwischenlagern kann und so seltener im Gehege arbeiten kann. Wir haben ihr aber einen Baum ausgegraben und in einen riesigen Eimer verfrachtet, sodass bei der nächsten Gelegenheit ihr Zuhause etwas aufgehübscht werden kann.


Ein  anderer Bewohner, der eigentlich nur zu Gast ist, ist Frederico der Ameisenbär. 
Er ist als Baby auf die Station gekommen und wurde hier hoch gepeppelt. Eine Zeit lang war einer der Freiwilligen dazu abkommandiert, mit ihm täglich durch den Jungle zu marschieren und mit ihm Termitenhügel zu suchen um ihm beizubringen was man so essen könnte als Ameisenbär. Vor einigen Wochen wurde er dann in die Freiheit entlassen, kommt aber hin und wieder freiwillig zurück ins Camp spaziert. Wenn er dann viel Gewicht verloren hat oder unter Parasiten leidet, die behandelt werden müssen, darf er sich dann ein paar Tage in seinem alten Zuhause ausruhen.










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