Montag, 15. August 2022

Nächste Station Ecuador - oder - auf nach Merazoinia

 Nach ein paar Zwischenstationen in den letzten Wochen hat es mich jetzt nach Ecuador verschlagen, wo ich für einen Monat in der Tieraufgangstation Merazoinia mitarbeite.

Nach einer kleinen Odyssee über Madrid und Bogota war mein erster Kontakt mit Ecuador dann die Hauptstadt Quito, wo ich eigentlich von einem Shuttle meines Hotels abgeholt werden sollte. Der Taxifahrer hat aber wohl unterwegs einen kleinen Unfall gehabt, sodass ich ein bisschen länger am Flughafen hing und bereits Gelegenheit hatte mich mit den örtlichen Ordnungshütern bekannt zu machen. Nachdem ich als einer der letzten in der recht kleinen Abflughalle des Flughafens zurück geblieben bin und wartete fragten mich ein paar "Touristen-Polizisten" ob alles okay sei. Es offenbarte sich allerdings schon ein Problem, dass ich häufiger haben sollte - denn anstatt mich auf Englisch zu fragen, taten sie es erst auf Spanisch und anschließend mit einer selbst erschaffenen Abwandlung von Gebärdensprache. Englisch ist in Südamerika wohl ebenso wenig verbreitet wie Currywurst und so war das nicht die letzte Konversation die in einem Ganzkörperworkout mündete.

Quito selbst ist eine ganz hübsche und mit 2,7 Millionen Einwohnern erstaunlich bevölkerungsreiche Stadt, die mit 2850m Höhe die höchste Hauptstadt der Welt ist. Schon auf dem Weg vom Flughafen konnte man sehen, dass die Landschaft hier extrem zerklüftet und hügeliger ist als Tübingen. Außerdem gibt es rings herum einen Haufen wirklich hoher Vulkane, die immer für ein hübsches Panorama sorgen wenn man sich in der Stadt umschaut. Auf einen der mit 4700m höchsten Vulkane führt wohl auch zumindest auf halbe Höhe eine Seilbahn, die bei mir noch auf der To-do-Liste steht.

Ich bin am Tag der Unabhängigkeit in Quito angekommen und am passend benannten Platz der Unabhängigkeit wurde fleißig eben besagte Unabhängigkeit ganz unabhängig gefeiert. Ich weiß nicht ob es an diesem Feiertag lag, aber ich glaube ich habe noch in keiner Stadt der Welt eine so hohe Dichte an Polizisten gesehen. Viele davon unterwegs auf Cross-Mopeds wie man sie eigentlich eher bei der deutschen Dorfjugend erwartet hätte als bei Staatsbeamten.

Auch wurden sämtliche Taxis die den Flughafen verlassen haben angehalten und auf eine gültige Registration geprüft, was es mir diesmal erspart hat, größere Geldspenden in die lokale Taxifahrer-Community zu tätigen. Uns mit 25$ für eine fast einstündige Taxifahrt von Flughafen ist es so ein wirklich kostengünstiges Fortbewegungsmittel.

Quito selbst hat einen positiven Eindruck hinterlassen, obwohl ich zunächst einmal nur einen halben Tag Zeit hatte durch die Stadt zu streifen, nachdem ich mittags angekommen bin. Mit seinen engen Gassen in der Altstadt und ein paar Kolonialbauten und verhältnismäßig wenig Müll und offensichtlichen Gaunern auf der Straße scheint man es dort aushalten zu können.

 Am nächsten Tag ging es dann aber wieder raus aus der Zivilisation und mit einem Fahrer ungefähr fünf Stunden in den Südosten in eine deutlich weniger bevölkerte Gegend. Die nächste größere Stadt in der Gegend ist Baños, ca. Eine Stunde entfernt, in der es dann auch wieder Geschäfte oder Hotels gibt. Dort machten wir auf dem Weg zum Merazoinia Camp dann auch noch einen Stop und aus meinen schlechten Erfahrungen aus Afrika mit gefärbten warmen Wasser habe ich zum Glück gelernt und die letzte Möglichkeit genutzt noch einmal Kaffee einzukaufen.

Der Weg zum Camp selbst ist die letzte halbe Stunde eine Schotterstraße, sodass es fern ab jeglicher Zivilisation liegt. Eine kleine Holzbrücke führt über einen Fluss und mit dem betreten und dem überqueren des Flusses hat man das Gefühl, auch sinnbildlich die Zivilisation hinter sich zu lassen.



Das Camp selbst ist relativ einfach aufgebaut und diejenigen, die ich aus Afrika kannte wirken jetzt rückblickend wie das Ritz Carlton mit Mückennetzen. 


Hier gibt es statt einzelner Zelte einen großen Schlafraum, den sich insgesamt 10 der Volunteers teilen. 


Insgesamt gibt es im ganzen Camp keine Elektrizität, sodass Abends im Kerzenschein gekocht wird und man auf dem Weg zur Toilette entweder seine Kopflampe einpacken sollte oder einen sehr guten Draht zu den Glühwürmchen haben sollte, derer es hier einige gibt. Auch den Luxus von Kühlschränken oder Wasserspülung bei den Toiletten gibt es hier nicht.



 Alles Essen das hier lagert muss sich auch ungekühlt halten, sodass das Camp einerseits eine vegetarische Umerziehungsanstalt ist, aber auch Käse oder Joghurt ein paar Wochen nur noch in meinen schmachtenden Träumen aufschlagen.

Die Arbeit hier beginnt um 07:30 und teilt sich insgesamt in drei Runden auf. Je nachdem welches Tier versorgt wird, muss der Käfig ein bis zweimal gesäubert werden, wobei man teilweise den Eindruck gewinnen muss, dass die Rache für ihre Unfreiheit eine sehr explosive Ernährungsweise ist. Der Boden der Käfige sieht dann so als als hätte man einem Kleinkind einen Obstsalat in die Hand gedrückt und es gebeten ein Relief des schönsten Ferienerlebnisses zu bauen.

Nachdem alles aufgeräumt, geschrubbt und alle Blätter vom Boden gesammelt sind, wird liebevoll und kreativ neues Futter versteckt. Außerdem gibt es für die Tiere jeweils immer in paar kleine Extras, die dabei helfen sollen dass sie nicht anfangen sich zu langweilen und dann mit dem Rauchen anfangen oder andere dumme Sachen machen. 

Aktuell kümmere ich mich im Ayla, eine Tayra - sieht ein bisschen aus wie ein Wiesel oder Frettchen, das reichlich Fruchtzwerge und Proteinshakes genascht hat -, um Mo den Nasenbären und um Meira und Ryan die Capuchins, eine kleine Affenart.






Mo ist großer Fan von Würmern und Fisch und da sich beide dummerweise erstaunlich selten von alleine in seinen Käfig verirren, müssen wir da ein bisschen nachhelfen. Das heißt, dass wir dann beispielsweise mit einem Spaten bewaffnet den Boden umgraben und Mo ein paar hübsche Regenwürmer ausbuddeln. Außerdem war ich erstaunt, wie gut sich eine PET-Flasche in eine Fischräuse verwandeln lässt, in die sich - mit Brot als Köder bestückt - unerwartet häufig auch ein Kiemenatmer verirrt, der dann unfreiwillig in die Unterhaltungsbranche wechseln muss. 

 



Andere Affen lieben Heuschrecken, sodass sich hin und wieder eine Gruppe aufmachen muss und das Gestrüpp nach Grashüpfern durchkämmt. Es stellt sich dann allerdings sehr schnell heraus, dass die Jagd erstens gar nicht Mal so einfach ist und die Viecher scheinbar Zweitens in der Lage sind ihren Aggregatszustand zu gasförmig zu wechseln und scheinbar magisch aus der Hand verschwinden können, die sie eben noch scheinbar fest umschlungen hatte.

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