Montag, 13. Juni 2022

Jeffrey's Bay - oder - Fliegende Fladen

Als Abschluss der Afrika-Episode war für die letzte Woche Surfen und Strand-Feeling angesagt. Nachdem meine letzten Surfversuche vor einigen Jahren darin geendet sind, dass ich zwar den Anstieg des Meeresspiegels kurzfristig aufgehalten konnte, sich in meinem rechten Lungenflügel jedoch unbeabsichtigt eine Saline gebildet hat, war ich zugegebenermaßen etwas skeptisch. 

Der Surflehrer war aber super und hat dafür gesorgt, dass sich das Maritime Leben diesmal weitgehend außerhalb meines Magens abgespielt hat. Der 3. Und 4. Tag war aber gezeichnet von wirklich sportlichen Wellen und man hat ein Gefühl dafür bekommen, was da für Gewalten wirken. Wenn mein untrüglicher Sinn fürs Gleichgewicht mich wieder dazu veranlasst hat, beim Aufstehen vom Brett das selbige zu verfehlen und die Wogen über einem zusammen schlagen ist das schon ein sehr interessantes Gefühl und ich habe mehr als einmal lustige Purzelbäume im Wasser geschlagen bevor es dann wieder an die Oberfläche ging. Aber wir habe gute Fortschritte gemacht und am letzten Tag hatten wir zwar Recht winzige Wellen, aber ich habe die überwiegende Mehrheit davon als Mitreitgelegenheit nutzen können. Und wenn dann doch ein größerer Haufen Wasser von hinten angerollt kam, den man mitnehmen konnte hat es schon wirklich Spaß gemacht. 

An einem der Tage hatten wir sogar das Glück, dass in ca. 50m Entfernung vom Surfspot Delfine aus dem Wasser gesprungen sind. Ein zweifelhaftes Vergnügen mit anderen Flossentieren hatten Mädels, die in der Lodge untergebracht waren und den fortgeschrittenen Kurs besucht haben. Die wurden an einem der Tage von ihrem Lehrer mit mühsam beherrschtee Leichtigkeit gebeten jetzt unmittelbar das Wasser zu verlassen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, das Johnny, der weiße Hai wohl eine Flosse aus dem Wasser gehalten hatte und am nächsten Tag war wohl sogar ein Hubschrauber da um das Wasser in Ufernähe während der Surfstunden auf eine überproportionale Menge Zähne pro Meeresbewohner zu untersuchen.

Ein weiterer Vorteil an der Surflodge waren die Aktivitäten, die vom Betreiber angeboten wurden und bei denen man sich nach Belieben einklinken konnte. Direkt am ersten Tag hatten wir das Vergnügen mit "Hairy Harry", einer Legende der lokalen Seefahrt, eine Tour mit seinem Boot raus auf den Ozean zu machen. Zu sehen gab es ein paar Robben, die es sich auf einem Felsen gemütlich gemacht hatten und in der Ferne den Blas eines Buckelwals. Den Urheber selbst konnten wir trotz intensiver Suche leider nicht entdecken, dafür hatte Harry noch ein paar Weisheiten für uns parat, was die Frequenzen der Ozeanwellen und unsere Elektromagnetische Strahlung anbetrifft. Ich bin mir nicht sicher ob seine Ausführungen durch die aktuelle Lehrmeinung im Bereich Quantenmechanik oder Molekularbiologie gedeckt ist, aber es war sehr erhellend ihm zuzuhören.

Ein kleines Highlight des Aufenthalts war ein Ausflug zum einem kleinen Flugplatz, an dem man über der Bucht von Jeffrey's Bay Fallschirmspringen konnte. Nachdem ich ja ein großer Fan luftgebundener Fortbewegung bin, wollte ich mir das auch nicht entgehen lassen und habe einen Hüpfer aus dem Flugzeug gewagt. Besonders interessant war die hauseigene Start- und Landebahn, die ein mehr oder weniger verdecktes Doppelleben als Kuhwiese geführt hat. Nachdem ich irgendwann Mal gelernt habe, dass bereits kleinere Mengen Eis an den Steuerflächen eines Flugzeugs die Flugeigenschaften spürbar beeinflussen können, war ich etwas skeptisch bei dem Anblick der drei bis vier Kuhfladen, die über Tragfläche und Höhenruder verteilt klebten - im Endeffekt wohl aber zu Unrecht. Mein Tandempilot war ein super sympathischer Typ mit über 12.400 absolvierten Sprüngen, der allerdings im Umgang mit der GoPro noch ein wenig üben musste. Auch wenn er im Flug extra Bilder gemacht hatte, so dann überwiegend von meinen Fingernägeln oder Ohrläppchen. Die beiden folgenden Exemplare waren dann aber doch halbwegs verwertbar:



Der Blick über die Bucht auf der einen Seite und eine kleinere Gebirgskette auf der anderen Seite war wirklich episch und alleine für den Rundflug hätte sich sie Aktion schon gelohnt gehabt.

Am nächsten Tag haben wir es dann etwas gemütlicher angehen lassen und sind anstatt der 300PS der Piper Cherokee Six mit nur einer Pferdestärke unterwegs gewesen. Meine Pferdestärke hieß Guinness und war ein etwas unmotivierter Schimmel, auf dem ich durch das Kabeljous Nature Reserve getrottet bin. Guinness war jetzt kein übermäßig ambitionierter Zeitgenosse sonder eher ein bisschen ein Trödler, was aber den Vorteil hatte das man mit ihm dann dem Rest der Gang hinterher traben konnte, wenn er mal wieder den Anschluss verloren hatte. Der Weg, den wir geritten sind war aber wunderschön und besonders am Strand entlang hat das weiß der Sanddünen mit dem Blau des Meeres und das Himmels ein perfektes Panorama ergeben. 


Während des Ritts am Strand sind wir dann noch einen Rochen im Wasser begegnet und am Wegesrand konnten wir eine wunderhübsche Puffotter sehen. In dem Moment waren wir auch ganz dankbar für die langen Beine der Pferde, denn so hübsch eine Puffotter auch ist, ich möchte mir ihre hohlen Zähne ungerne aus der Nähe anschauen.

Die Abreise aus Jeffrey's Bay fiel mir dann doch etwas schwerer, denn dort kann man sich echt wohl fühlen. Die Stadt hat eine entspannte Atmosphäre und alles dreht sich ums surfen ohne dabei zu aufdringlich zu sein. Das erste Mal waren die Straßen keine Schluchten zwischen riesigen Mauern und mit einem Bier am Aussichtspunkt "Supertubes" zu sitzen und den Pros beim Surfen zuzuschauen hat auch was.
Die Sicherheitskontrollen beim Rückflug waren auch interessant: bei fast jedem der Passagiere die durch den Metalldetektor gelaufen sind leuchtete der rot auf und nicht ein einziger wurde anschließend kontrolliert. Das wirft dann schon die Frage auf, ob man den Strom für den Metalldetektor nicht besser in eine glücksbringende Winkekatze oder eine Bandansage mit der freundlichen Bitte, keine Anschläge zu verüben,  investieren sollte.

In Johannesburg angekommen halt es, noch einen halben Tag bis zum Flug am Abend zu verbringen. Und damit ich dann noch Mal die Chance bekomme, das ungeschminkte Afrika kennen zu lernen habe ich eine Tour durch Soweto gebucht, das größte Township Südafrikas.
Mein Guide Sunny war auch wirklich super und kannte scheinbar die ganze Stadt. Als uns auf dem Weg durch Johannesburg die Polizei zu einer Straßenkontrolle raus ziehen wollte hat er sie auch prompt ignoriert mit dem Kommentar "das sind noch Junior Polizisten - von denen lasse ich mir kein Schmiergeld abnehmen".
In Soweto selbst konnte man wirklich eindrucksvoll beobachten wie Ober-, Mittel- und Unterschicht jeweils nur eine Straße entfernt ebeneinander leben. Der Millionär und Besitzer eines Fußball Clubs wohnt eine Straße entfernt von Wellblechhütten. Am interessantesten war eigentlich die "Kunstfertigkeit" mit der die Einwohner die Stromversorgung ihrer Nachbarn angezapft haben um sich mit Elektrizität zu versorgen. Scheinbar wird das bis zu einem gewissen Grad von der Regierung geduldet, aber der Himmel über den Hütten sieht aus als würde der Angriff der Killer-Tentakel bevorstehen, bei den ganzen Kabeln die in der Luft hängen.

Teil der Führung war auch ein Blick in eine der Wellblech Hütten und ich muss sagen, dass sie von außen deutlich schlimmer aussehen als von innen. Die Bewohner hatten es sich eigentlich recht wohnlich eingerichtet und ich bin mir sicher meine erste Studentenwohnung war schäbiger. 

Nach einem Abstecher über Nelson Mandela's Haus, ein paar der FIFA Weltcup Fußball Stadien und einer Bungee Jump Anlage, die ich zwar nicht ausprobiert habe, die aber hübsch aussah, ging es dann nach Hause.


Jetzt geht's in Flieger wieder nach Deutschland. Was ich sicher nicht vermissen werde ist der Sonnenuntergang um fünf Uhr abends und die wenig freundlichen Städte. Aber es wird ganz sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich im Afrika bin.


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