Sonntag, 29. Mai 2022

Übungsende - oder - eine Prüfung kommt selten allein

 Die letzten Wochen hatte ich wenig Gelegenheit mich zu Wort zu melden, aber jetzt habe es Mal wieder geschafft ein paar Zeilen aus dem Busch zu hinterlassen. Einerseits liegt unser neues Camp Karongwe zwar wieder wunderbar an einem ausgetrockneten Flussbett gelegen, anderseits liegt es scheinbar an einer Stelle gelegen um die sämtliche Handystrahlung einen großen Bogen macht. Wo man in Mashatu oder Selati zumindest nach Besteigung eines Termitenhügels und mit ausgestrecktem Arm hin und wieder ein paar Bytes einfangen konnte, ist hier an der Binärfront absolute Flaute. Unsere Camp-Leitung war allerdings so gütig, uns nach den bestandenen Prüfungen Zugriff auf das Satelliten Internet zu geben, damit wir zumindest Mal ein Lebenszeichen und eine Erfolgsmeldung nach Hause schicken können.

Neben dem fehlenden Internet war außerdem ein entscheidender Faktor die nachhaltige Abwesenheit von verfügbarer Zeit um neben den Verpflichtungen für die Ausbildung hier noch ein paar warme Worte ins Internet zu meißeln.

Die letzten waren geprägt von insgesamt 4 Prüfungen, die wir zu absolvieren hatten um uns dann anschließend ganz offiziell in Südafrika als Guide verdingen zu dürfen. Die erste Prüfung ist vermutlich mehr zum warm werden und wird mit "Open Book Exam" tituliert. Dabei müssen eine Reihe von vorher bereits bekannten Fragen unter Zuhilfenahme beliebiger Medien (in den meisten Fällen allerdings nur das Medium "Handy") bearbeitet werden. Da sich der Überwachungseffekt bei den Fragen doch sehr in Grenzen hielt und alle Antworten in einem PDF File vorher auch schon bekannt waren, konnte diese Prüfung eigentlich nur dazu dienen die letzten Analphabeten raus zu filtern, die sich inkognito bis zum Ende des Kurses durchgeschlichen haben.


Der nächste Teil allerdings hatte es dann in sich: die theoretische Prüfung, die vom Field Guide Verband gestellt wurde. Und trotz Bestechungsversuchen mit verschiedenen Nahrungsmitteln zwischen Cider und Trockenfleisch wusste in diesem Fall keiner was dran kommt. Wir hatten insbesondere in den letzten Wochen insgesamt 17 verschiedene Lektionen zu unterschiedlichen Themen bekommen und zu jedem dieser Themen wurden 10 Fragen gestellt, sodass im Endeffekt einiges zusammen gekommen ist. Und die verschiedenen Fächer reichen von Themen wie etwa dem Verhalten von Tieren über Astronomie und Geographie, bis hin zu den geschichtlichen Hintergründen der Eingeborenen. Die geforderten Fähigkeiten gingen in diesem Fall also über das bloße Halten eines Stiftes hinaus und die Prüfung erforderte durchaus etwas Vorbereitung. Neben Fragen wie "welche verschiedenen Arten von Quaken können Frösche absondern?" über "in welchem Teil Afrikas sind Termiten die vorherrschende Nahrungsquelle für Säugetiere" bis hin zu "welches Tier wurde bei den Eingeborenen des Volkes der Khiosan als göttlich verehert?" war alles dabei. Die Menge an Wissen, die wir hier über Amphibien, Reptilien, Anthopoden ( ein Sammelbegriff für die "creepy crawlies", also Insekten, Spinnen, etc.) gesammelt haben hatte ich vermutlich nicht mehr seit wir in der 9. Klasse in Gummistiefeln durch die örtlichen Tümpel gestapft sind. Man sah also die letzten zwei Wochen konstant eine Reihe von emsigen Schülern, die sich der Anatomie der örtlichen Krötenpopulation angenommen haben und das Camp hätte fast schon einen Hauch Uni Campus.

Der dritte Teil der Prüfungen bestand dann in einer auf elektronische Lehrmittel gestützte Untersuchung unserer Fähigkeiten, Säugetiere, Spuren, Bäume, Vögel (-gesänge), Reptilien und Frosch (-gequake) zu indentifizieren. Was sich sehr wichtig und akademisch anhört war im Endeffekt ein Dude mit einer Powerpoint Präsentation auf der sich irgendwo ein Pangulin, ein Feigenbaum oder ein Flattervogel versteckt hat, den wir dann bestimmen sollten. Aber insbesondere die Vogelstimmen, die Froschgesänge und teileweise auch Vogelnester waren wirklich nicht so einfach auf einen Verursacher zurückzuführen und ich war froh als alles zur Zufriedenheit des Prüfers abgehakt war.

Der letzte Teil und auch der eigentliche Höhepunkt der Prüfungszeit ist die praktische Prüfung, bei der wir einen Game Drive eigenverantwortlich durchführen. Dabei wird neben dem allgemeinen Auftreten, der adretten Kleidung und dem adäquaten Seitenscheitel auch die Fähigkeiten bewertet, ein Auto mit Passagieren über die Buckelpisten hier zu manövrieren, ein paar weise Worte zur lokalen Tier- und Pflanzenwelt zu verlieren und ganz allgemein ein entzückender Gastgeber zu sein. In meiner unendlichen Weisheit hatte ich mich auch 3 Stunden vor der Abfahrt zu meiner Prüfungsfahrt noch nicht für eine Route durchs Reservat entschieden und muss auch zugeben dass ich erst eine Woche vorher angefangen hatte, einen genaueren Blick auf die Karte hier zu werfen. Im Endeffekt lief es also darauf hinaus, dass ich bei meiner Prüfung mehr oder weniger erst Mal drauf los gefahren bin und dabei die vage Hoffnung gehegt habe, einer Gestalt mit vier Beinen und/oder Fell zu begegnen. 



Dabei waren die ersten anderhalb Stunden von der Abwesenheit jeglichen entwickelten Lebens (außerhalb des Wagens) geprägt, was den Guide vor Herausforderungen stellt. Als Faustregel sollte man seinen Gästen zumindest Mal so alle 10-15 Minuten mit ein paar erquickenden Fakten rund um den Busch erfreuen und das wird umso schwieriger, je weniger fakturierbares Leben in der Nähe ist. Als Backup-Plan wurden dann Termitenhügel oder Warzenschein-Behausungen unfreiwilliger Gegenstand ausführlicher Analyse. Zum Ende der Fahrt erbarmte sich dann wenigstens ein Büffel, sein Gesicht Mal in die Runde zu zeigen und ein paar Zwergmangusten überprüften uns auf unsere Fähigkeit hin, ihnen als Nahrung zu dienen.

Der vielleicht wichtigste Part ist dann kurz vor der Rückreise der "Sundowner", bei dem die Gäste gespannt dem Untergehen der Sonne beiwohnen können und der Guide für die Versorgung mit geistigen Getränken zu sorgen hat. 


Im Endeffekt sind dann alle wieder heile und lebendig im Camp angekommen und ich durfte mir noch im Auto anhören, dass ich auch den letzten Prüfungsteil bestanden habe.




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