Samstag, 4. Juli 2015

Achtung, Schweine kreuzen - oder - wofür Kastanien wirklich gut sind

Korsika ist tatsächlich ein sehr annehmbares Eiland. Es hat schöne Strände, schöne Berge, schönes Essen und vor allem frei laufende Schweine!
Nachdem meine letzte Begegnung mit einem borstigen Paarhufer weniger erfreulich verlaufen ist, hätte ich mich über dieses rüsselnasige Exemplar nicht mehr freuen können. Die laufen hier tatsächlich einfach so rum und marschieren souveräner über die Straße als so mancher 4. Klässler.
Außer Schweinen gibt des dann noch Kühe, Ziegen und Schafe, die den Strassenzoo vervollständigen. Ein bisschen Indien gibt es also auch im Mittelmeer. Wobei sich die unvermittelt auftretenden Fehlzündungen meiner Transalp weniger gut mit 600kg nervös gewordenem und scheinbar akustisch empfindlichen Rindvieh vertragen.
Als nächster Programmpunkt war der Monte Rotondo eingeplant. In einem online Reiseführer stand, "Der Monte Rotondo ist der zweithöchste und anspruchsvollste Gipfel...".  Was danach kam weiß ich leider nicht, ich habe aufgehört zu lesen und das Ding war gekauft. Zum Anfang der Route ging es über einen wahrlich abenteuerlichen Weg. Eine hauchdünne Straße, extrem gewunden und mit lauter noch dünneren Brücken. Die Straße selbst (D623 heißt sie) taucht sogar als Attraktion im Reiseführer auf. Das witzigste ist der Mittelstrich, der die Fahrbahn in zwei exakt gleich große, ca. 1m breite Teile teilt. Und dafür gehen Steuergelder drauf.
Der Weg zum Berg selbst ging erst durch ein Stück Nadelwald und dann zu einem See der umringt war mit Wiese. Und wieder standen da Kühe und Ziegen, und zwar reichlich. Ich glaube sogar, dass die da halbwegs wild gewohnt haben, weil niemand in 10km war dem die hätten gehören können. Nach ungefähr 1,5h habe ich dann mein Nachtlager aufgeschlagen und es war genau so, wie outdoor Leben sein muss. Keine Mücken, gutes Wetter, epische Aussicht. Da schmeckt der Reis-Thunfisch-Bohnentopf doch gleich wie Einhorn-Steak!

Nachts hörte ich ein seltsames Plumpsen, schaue mich um und dann steht da eine Kuh mitten in einem echt bröckeligem Geröllfeld auf einem Stein. Elegant ist sie da auch wieder runter gehüpft, sodass man es gar nicht glauben will. Seit dem glaube ich an Adaptionen im Tierreich und in diesem Fall haben die Ziegen die als Behelfseltern gedient haben ihrem Schützling garantiert noch nicht gesagt, dass ihre seltsame Statur nicht nur "schwere Knochen" sind.
Der Weg zum Gipfel war auch nicht wirklich markiert, sondern jeder der am Tag seiner Besteigung vom Pfadfinder Geist beseelt war, hat mal einen Steinhaufen gebaut, der den Weg andeuten soll. Einige dieser Erbauer scheinen aber einen Pakt mit den ansässigen Bergtrollen zu haben oder sind schlicht betrunken bei der Wanderung und bauen einfach sinnlos Steinhaufen, die einen Weg vorgaukeln, den es nicht gibt. Ich bin tausendmal wieder zurück gelaufen weil sich ein vermeintlich markierten Weg nur als Troll-Falle herausgestellt hat. Am Ende habe ich den Weg dann trotzdem irgendwie vergurkt und bin einmal um den Berg herum und dann von hinten auf den Gipfel geklettert. Das war dann schon echt haarige Kletterei und mit den ca. 20 kg Gepäck auf dem Rücken eine extrem knifflige Sache. Zumal es in diesem Fall nicht so ist wie in der Kletterhalle und das schlimmste was hier passieren könnte geht über die zwei Oktaven höhere Stimmlage, die ein verrutschter Klettergurt anrichten kann.
Oben angekommen konnte man eine wirklich akzeptable Aussicht genießen, allerdings hat das Wetter dem prophezeite Blick bis an den Strand einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber bei dem ganzen Bierbäuchen, die hier am Strand liegen war das vielleicht auch ganz ok so.

Abgesehen von den freilaufenden Schweinen fallen hier noch zwei weitere Dinge auf. Einerseits sehen viele Ortsschilder aus als wären sie von Kugeln durchlöchert. Keine Ahnung ob das irgendwie böse Geister vertreiben soll, das Ortsschild der verhassten Warzen-Nase von nebenan zu beschießen oder ob das historische Hintergründe hat.
Andererseits findet man extrem viele Graffiti der Unabhängigkeitsbewegung hier. Auf allen schildern stehen die Ortsnamen auf französisch und korsisch und der französische Teil ist häufig durchgestrichen oder anderweitig "verschönert".

Als Bildungsbürger habe ich dann auch das Korsische National Museum in Corte besucht. Ich weiß jetzt wie man aus dem Schulterblatt einer Ziege die Zukunft vorhersagt und was bei den Schäfern so seit 400 Jahren modisch der neuste Trend ist, aber historisch hat mich das nicht wirklich aufgehellt.
Dafür gibt es hier unendlich viele Leute geniale Buchten und kleine Strände, das Wasser ist tiefblau und es ist mir über 40 Grad im Schatten auch nie zu kalt.

Außerdem brauen sie hier Bier aus Kastanien. Pietra heißt die Marke und auf der Inhaltsangabe steht tatsächlich Maronenmalz. Schmeckt auch wirklich lecker, intensiv und mit einer kräftigen malzigen Note. Fast so gut wie richtiges, deutsches Bier.

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